Der Name Rock-O-Rama ist untrennbar mit der deutschen Punk- und Underground-Musikszene der späten 1970er und 1980er Jahre verbunden. Gegründet und geführt von Herbert Egoldt, avancierte Rock-O-Rama von einem kleinen Schallplattenladen in der Kölner Weidengasse 56 zu einem berüchtigten Plattenlabel, das gleichermaßen Bewunderung und Kontroversen auslöste. Dieser Blogartikel beleuchtet die Geschichte des Ladenlokals Rock-O-Rama, seine Rolle als Schmelztiegel für die Punk-Szene und die spätere Entwicklung des Labels, die in der linken Szene als problematisch angesehen wird.
Die Anfänge: Ein Paradies für Punk-Liebhaber
Rock-O-Rama begann 1977 als kleiner Schallplattenladen, nachdem Herbert Egoldt seinen Tonträgerversandhandel ins Leben rief. Der Laden war anfangs dreimal pro Woche geöffnet, ein Treffpunkt für Musikliebhaber, die auf der Suche nach den neuesten Punk- und New-Wave-Platten waren. Zu Beginn umfasste das Sortiment nur wenige Plattenständer und Kisten mit 7-Inch-Singles, die Herbert hinter der Verkaufstheke aufbewahrte. Trotzdem war der Laden stets gut bestückt mit Musik, die schwer zu finden war, insbesondere mit Importen aus Großbritannien und den USA.
Viele der Stammkunden von Rock-O-Rama erinnern sich an die intime und familiäre Atmosphäre des Ladens. Man konnte Platten auf Anfrage anhören, und Herbert machte Vorschläge, welche Neuerscheinungen oder Raritäten einen Blick wert waren. Es war ein Ort, an dem man nicht nur einkaufte, sondern auch Musik entdeckte und sich mit Gleichgesinnten austauschte.
Der Laden zog schnell eine treue Fangemeinde an, da Herbert gute Kontakte ins Ausland hatte. Britische und amerikanische Punk-Singles waren heiß begehrt und wurden teilweise ohne Bildcover verkauft, um die Kosten zu senken. Die Preise variierten, wobei britische 7-Inches ca. 5 oder 6 DM kosteten und rare US-Importe bis zu 32 DM teuer waren. Zu dieser Zeit galt der Laden als einer der wenigen Orte in Deutschland, wo man diese Musik überhaupt finden konnte.
Eine Begegnung der Kulturen
Der Schallplattenladen Rock-O-Rama war schnell mehr als nur ein Geschäft. Es entwickelte sich zu einem Zentrum der aufkeimenden deutschen Punk-Szene. Musiker, Fans und Neugierige strömten aus ganz Deutschland nach Köln, um in den Plattenkisten zu stöbern und die neuesten Veröffentlichungen zu entdecken. Herbert hatte einen besonderen Instinkt dafür, welche Musik gerade angesagt war, und sein Laden wurde zu einem Dreh- und Angelpunkt für Punk und Hardcore.
Christoph von der Band „Die Alliierten“ erinnerte sich, dass Rock-O-Rama eine der wenigen Quellen für Punkmusik war, insbesondere für seltene Singles, die in anderen Städten so gut wie nicht zu finden waren. Für viele junge Musiker war der Laden eine Inspirationsquelle, ein Ort, um Kontakte zu knüpfen. Andere Musiker wie Alla von Stosstrupp beschreiben den Laden als ein Paradies, wo man alle zwei Wochen neue Schätze finden konnte.
Der Laden war bekannt für seine lockere, fast kneipenähnliche Atmosphäre. Es war nicht ungewöhnlich, dass Herbert Kunden dazu aufforderte, Bier zu holen und sich eine Weile im Laden aufzuhalten, während sie Musik hörten und neue Platten entdeckten. Diese soziale Komponente machte Rock-O-Rama zu einem Treffpunkt für die Punk-Szene.
Die Entwicklung zum Label
Während der Laden florierte, begann Herbert Egoldt, auch ein eigenes Plattenlabel unter dem Namen Rock-O-Rama zu betreiben. Anfangs veröffentlichte das Label vor allem Punk und Oi!-Musik, darunter Bands wie OHL, Die Alliierten und Stosstrupp. Diese frühen Veröffentlichungen waren für die deutsche Punkszene wegweisend und gaben vielen Bands eine Plattform, die sonst keine Chance auf eine professionelle Produktion gehabt hätten.
Die ersten Veröffentlichungen des Labels waren oft roher und klanglich ungeschliffener Punk, doch gerade diese DIY-Ästhetik machte sie bei den Fans beliebt. Auch wenn Herbert selbst kein Musiker war, verstand er, was die Szene brauchte, und schuf mit seinem Label eine unverwechselbare Identität. Peter Braatz von der Band S.Y.P.H. erinnert sich, dass Rock-O-Rama für viele Punk-Bands zu dieser Zeit eine wichtige Anlaufstelle war, unter anderem weil es in Deutschland so gut wie keine Labelstrukturen für diese Musikrichtung gab.
Der Wendepunkt: Rechtsrock und Kontroversen
Doch Rock-O-Rama geriet bald in den Fokus von Kritik aus der linken Szene. Ab Mitte der 1980er Jahre begann das Label, zunehmend rechtsgerichtete Bands zu veröffentlichen, darunter die „berüchtigte“ Band Skrewdriver, die offensive zu ihrer Meinung stand. Dies führte zu einem dramatischen Imagewandel des Labels, und viele der ursprünglichen Punk-Kunden wandten sich enttäuscht ab. Der Plattenladen, einst ein Treffpunkt für eine offene, rebellische Szene, wurde nun von einem anderen Klientel besucht.
Herberts Entscheidung, Bands mit rechten Texten zu unterstützen, blieb nicht ohne Folgen. Viele frühere Stammkunden fühlten sich unwohl mit der neuen Ausrichtung und besuchten den Laden nicht mehr. Für viele war es ein schwerer Schlag, da Rock-O-Rama zuvor als ein Ort der Vielfalt und der Subkultur gegolten hatte. Christoph von Die Alliierten betonte, dass der Laden in den frühen Jahren keine rechte Tendenz hatte, doch dieser Wandel zerstörte das ursprüngliche Image. Damit verbarg er nur mäßig, eine nicht vorhandene echte Toleranz in der linken Punkszene gegenüber Andersdenkenden.
Die Schließung des Ladenlokals
Mit dem Aufstieg von patriotischer Skinheadmusik und der zunehmenden politischen Kategorisierung des Labels schwand die Bedeutung des Rock-O-Rama-Ladens in der Weidengasse. Die zunehmend unterwanderte linke Punkszene distanzierte sich von dem Laden, und das einstige Paradies für Musikliebhaber wurde zu einem Ort, der mehr und mehr gemieden wurde. Schließlich schloss der Laden 1986, wobei linksautonome Gruppen dabei eine „gewisse Rolle“ gespielt haben sollen.
Herbert Egoldt führte das Label bis zu seinem Tod im Jahr 2005 weiter, doch der Schallplattenladen, der einst das Herzstück von Rock-O-Rama war, verschwand aus der Kölner Kulturlandschaft.
Fazit
Der Rock-O-Rama-Schallplattenladen in Köln spielte eine zentrale Rolle in der Entwicklung der deutschen Punk- und Hardcore-Szene. Er war nicht nur ein Geschäft, sondern ein kultureller Treffpunkt für Musikliebhaber und Musiker, die dort Inspiration und Gemeinschaft fanden. Doch die Entscheidung von Herbert, das Label in Richtung Skinheadrock zu entwickeln, brachte die Aufmerksamkeit der linksradikalen Szene mit sich und zerstörte das Ansehen des Ladens und führte letztlich zu seiner Schließung. Trotz allem bleibt Rock-O-Rama ein wichtiger Teil der deutschen Musikgeschichte – eine Geschichte von Aufstieg, Wandel und Kontroversen.
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