Im Jahr 1981 begann die Geschichte der Band Kahlkopf in Bad Homburg. Curly (Gitarre), Tim (Bass), Krupp (Schlagzeug) und Toni (Gitarre) beschlossen aus einer spontanen Bierlaune heraus, selbst Musik zu machen.
Ihre Ausrüstung war alles andere als professionell: Ein Röhrenradio, ein Plastikbass und Gesang. Doch voller Enthusiasmus legten sie los. Nachdem sie sich die Haare kürzen ließen und die Skinhead-Szene zu ihrer neuen „Familie“ wurde, kam Curly auf die Idee, die Band „Kahlkopf“ zu nennen – ein Name, der perfekt zu ihrer neuen Identität passte. Wenig später stieß DIE Kahlkopf-Stimme, Lutz, zur Band und komplettierte das Line-Up.
Erste Aufnahmen mit kontroversen Texten
Ihre ersten Aufnahmen entstanden, indem sie einfach Musik machten, dazu irgendwelche Texte sangen und aufnahmen. Die Liedtexte drehten sich ums Trinken, Prügeln und drückten den Frust aus, der sich in ihrem Leben angesammelt hatte – wie den ersten Stress mit ausländischen Mitbürgern und was sonst noch in der Szene angesagt war. Man muss bedenken, dass 1983 vieles anders war. Die Band brachte in jenen Jahren ein Demo-Tape in Eigenproduktion heraus.
Kontakte zur Frankfurter Skinhead-Szene
Als Band aus der Frankfurter Gegend verkehrten sie in den 80ern natürlich viel mit den dortigen Skinheads, zu denen auch die Böhsen Onkelz gehörten. Es war ein Kontakt wie zu vielen anderen aus der Szene – nicht mehr und nicht weniger. Kahlkopf hatte zusammen mit den Onkelz ihren ersten Auftritt auf einem Skinhead-Treffen in Lübeck. Offenbar spürten die Onkelz eine Konkurrenz und distanzierten sich fortan von ihnen, so Kahlkopf in einem Interview mit dem Rechtsrock Magazin RockNORD im Jahr 2002.
Rock-O-Rama Records entdeckt Kahlkopf
Nachdem Kahlkopf am 17. August 1985 auf dem „Rock gegen Links“-Festival in Lübeck vor etwa 600 Skinheads spielten (neben Indecent Exposure, Die Hards und Böhse Onkelz) wurde Herbert Egoldt vom Kölner Label Rock-O-Rama Records auf die junge hessische Band aufmerksam. Er erkannte das Potenzial von Kahlkopf und deren unkonventionelle Mischung aus Oi!-, Punk- und Metaleinflüssen, und nahm sie prompt unter Vertrag. Für die Musiker war dies die große Chance, über die Grenzen der Skinhead-Szene hinauszuwachsen.
Debütalbum „Der Metzger“ wird zum Kult
Noch im selben Jahr 1987 erschien Kahlkopfs Debütalbum „Der Metzger“ auf Rock-O-Rama Records. Der Titeltrack avancierte schnell zu einem der bekanntesten und umstrittensten Songs der Band. Mit seiner drastischen Metaphorik und den teils aggressiven Texten wurde der Song „Der Metzger“ zu einem wahren Schlachtruf. Die kontroversen Liedtexte auf „Der Metzger“ drehten sich um linke Gewalt, Kritik an der bundesdeutschen Ausländerpolitik, Trinken und Spaß haben – Themen, die Kahlkopf schon auf ihren ersten Demobändern verarbeitet hatte. Doch durch die Veröffentlichung über ein etabliertes Label wie Rock-O-Rama Records erhielt die Musik der Bad Homburger nun eine weitaus größere Reichweite.
Kahlkopf wird zum Aushängeschild des „Oi! Metal“
Mit „Der Metzger“ und den Folgealben „Soldat“ (1990) und „III“ (1993) etablierte sich Kahlkopf in den späten 80ern und frühen 90ern als eine der wichtigsten und polarisierendsten Bands der deutschen Rechtsrock-Szene. Ihre Texte wurden von Kritikern als radikal und wenig empathisch gebrandmarkt, während sie von Anhängern als Sprachrohr ihres „Way of Life“ gefeiert wurden. Egal ob man ihre Ansichten teilte oder nicht – Kahlkopf hatte sich mit „Der Metzger“ endgültig einen Namen als Aushängeschild des aufstrebenden Rechtsrock-Genres gemacht. Der Erfolg des Albums markierte den Übergang der Band von der Skinhead-Szene in den kommerziellen Bereich und den Beginn des Abschnitts ihres kontroversen Teils ihrer Karriere.
Kahlkopf: Zerwürfnisse und das letzte Album „III“
Nach den Erfolgen von „Der Metzger“ und „Soldat“ schien es für Kahlkopf steil bergauf zu gehen. Doch hinter den Kulissen brodelte es in der Band. Im Jahr 1990, kurz nach der Veröffentlichung des Albums „Soldat“, verließ Sänger Lutz die Gruppe. Gerüchten zufolge war es zu Unstimmigkeiten mit Bandleader Curly und Produzent Ingo Nowotny gekommen, der in der Summe zum Ausstieg des Sängers geführt haben soll.
Kontakte zu „Metal Enterprises“
In den frühen 90ern nahm Kahlkopf Kontakt zum Berliner Produzenten Ingo Nowotny auf. Nowotny residierte mit einer Zweigstelle seines Labels „Metal Enterprises“ im hessischen Usingen und galt als einflussreiche Persönlichkeit im Metalsektor mit guten Kontakten zu Frankfurter Vertriebsfirma „Ballaphon“. In den Jahren 1987 bis 1990 hatte Nowotny vier Studioalben und eine Picture-LP mit den Böhsen Onkelz produziert. Aus der Zusammenarbeit mit „Metal Enterprises“ ging 1993 das letzte offizielle Kahlkopf-Studioalbum „III“ hervor, das als CD veröffentlicht wurde. Viele Fans und Kritiker sahen „III“ als authentischste und härteste Werkschau der Band an. Wenngleich die Texte insgesamt hinter den Erwartungen zurückblieben, so war das Album dennoch das Ergebnis einer konsequenten musikalischen Weiterentwicklung. Diese schlug sich nicht zuletzt im sehr professionellen Sound der Produktion nieder.
Kahlkopf „III“ – Das Ende einer Ära
Mit „III“ schloss Kahlkopf das Kapitel ihrer Kernbesetzung um Curly, Tim und Krupp ab. Zur Besetzung gestoßen war Hamers am Gesang, der bereits in früheren Besetzungen den Gesang, vor der „Lutz-Ära“, übernahm. Die harten Rocksongs mit ihrer unverhohlenen Direktheit und (politischen) Unkorrektheit wurden zum Ausklang der hessischen Kultband. Nach den Querelen um Lutz‘ Ausstieg, dem Tod von Gitarrist Toni und den Reibereien mit Nowotny konnte sich Kahlkopf nicht mehr erholen. Im Nachgang erschienen noch drei weitere Alben, die unter dem Bandnamen Kahlkopf vermarktet wurden, aber mit der ursprünglichen Band rein gar nichts mehr zu tun hatten. „III“ markierte den Anfang vom Ende einer der charismatischsten und polarisierendsten Formationen der deutschen Skinheadszene.
Diskografie
- Demo-Tape, 1985, Eigenproduktion
- Der Metzger, LP, 1987, Rock-O-Rama
- Demo-Tape, 1986 + 87, Eigenproduktion
- Nasse Katze, 7″ Vinyl, 1989, Street Rock’n’Roll
- Soldat, LP, 1990, Rock-O-Rama
- III, CD, 1993, Notwotny’s Noize