Die Band Cotzbrocken, eine der umstrittensten, aber auch prägendsten Gruppen der frühen deutschen Punkszene, spielte eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Punkbewegung in Nordrhein-Westfalen (NRW) zu Beginn der 1980er Jahre. In einer Zeit, in der sich die Punkszene in Deutschland formierte und radikalisierte, bot Cotzbrocken eine einzigartige Mischung aus Provokation, musikalischer Unvollkommenheit und sozialer Rebellion.
Entstehung der Band
Kotzbrocken (!) wurde 1978 gegründet und stammt aus Köln, einem der Epizentren der deutschen Punkszene. Der Name „Cotzbrocken“, ursprünglich aus einem MAD-Heft entnommen, stand von Anfang an für den subversiven Humor und die politische Provokation der Band. Da bereits eine Band mit gleichem Namen in Hamburg existierte, änderte man die Schreibweise in Cotzbrocken, um nicht verwechselt zu werden. Die ersten Mitglieder fanden sich in den Kölner Kneipen, und ihre ersten Proben fanden in einem Keller in der Kölner Palmstraße statt. Bereits in den Anfängen der Band zeigte sich das, was die Band so einzigartig machte: Sie waren nicht besonders talentiert, aber ihre rohe Energie und ihre kompromisslose Haltung machten sie zu einem wichtigen Teil der Szene.
Die Band setzte sich zusammen aus Axel (Gitarre), Igor (Bass), Carsten (Schlagzeug) und dem charismatischen Sänger Skip (Peter). Skip, der älteste der Band, schrieb die Texte, die häufig politische und soziale Themen aufgriffen. Ein markantes Beispiel ist der Song „Südkurvenpogo“, eine Hommage an den 1. FC Köln, der die Verbindung zwischen Fußballkultur und Punkszene aufgriff. Fußball, Saufen und Anarchie waren häufige Themen ihrer Lieder, was Cotzbrocken bei den jugendlichen Fans der Punkszene beliebt machte.
1-2-3, von Punks und Skins für Punks und Skins
Die Punkszene in NRW, in Städten wie Köln, Düsseldorf und Wuppertal, war in den frühen 1980er Jahren im Umbruch. Die Bewegung wuchs schnell, und die Szene war stark von den Einflüssen der britischen Punk- und Oi!-Bewegungen geprägt. Gruppen wie die Sex Pistols und The Clash hatten großen Einfluss auf die deutsche Szene, die sich jedoch schnell politisierte und ihre eigene Identität fand.
Die Punkszene in NRW war ein Schmelztiegel für subkulturelle Bewegungen. Punks und Skins standen in den frühen 80er Jahren noch friedlich nebeneinander. Es war eine Zeit, in der beide Subkulturen aus der gleichen sozialen und kulturellen Unzufriedenheit heraus entstanden, bald drifteten sie auseinander. Während die Punkszene politisch eher nach links rückte, orientierten sich viele Skins nach rechts. Dieser ideologische Bruch führte zu Spannungen zwischen den beiden Gruppen, die sich in den kommenden Jahren verstärken sollten.
Cotzbrocken spielte eine wichtige Rolle in dieser Zeit des Wandels. Ihre Texte griffen häufig die politischen Spannungen und sozialen Ungerechtigkeiten auf, die die Jugend in NRW erlebte. Die Band war bekannt für ihre ungeschönte Darstellung der Realität, sei es in ihrer Musik oder in ihren öffentlichen Auftritten. Sie wurden als provokant und kontrovers angesehen, was sie in den Augen ihrer Anhänger umso authentischer machte.
Es ging nicht um Perfektion
Ein zentrales Merkmal von Cotzbrocken war ihr Bedürfnis, zu provozieren und aufzufallen. Dies zeigte sich nicht nur in ihren Texten, sondern auch in ihren visuellen Darstellungen. Ein LP-Coverentwurf mit einem KZ-Leichenfoto, der von ihrem Produzenten Herbert Egoldt abgelehnt wurde, ist ein Beispiel für ihre künstlerische Konsequenz. Egoldt war eine zentrale Figur in der deutschen Punkszene und betrieb das „berüchtigte“ Rock-O-Rama-Label, das Cotzbrockens Musik veröffentlichte.
Ihre erste LP, „Jedem das Seine“, erschien 1981 und sorgte sofort für heftige Reaktionen. Während einige die Band für ihre rohe Energie und ihre ehrliche Darstellung der Punk-Subkultur lobten, waren andere schockiert von den politisch unkorrekten Texten und der gewaltverherrlichenden Sprache. Die Lieder „Südkurvenpogo“ und „Atatürk“ erregten Aufmerksamkeit. „Südkurvenpogo“ soll von jugendlichen Fußballfans in der Kölner Südkurve bei Spielen des 1. FC Köln als „Anheizer“ für gewalttätige Auseinandersetzungen genutzt worden sein, was der Band zusätzliche negative Publicity einbrachte.
Die politische Ausrichtung der Band war schwer zu fassen. Während einige Mitglieder, wie der Gitarrist Axel, zeitweise Symbole der National Front trugen, betonte die Band, dass sie sich nicht an feste politische Richtungen gebunden fühlte. Sie griffen in ihren Texten Themen auf, die sie in ihrem Alltag ärgerten, sei es der Umgang mit Ausländern oder der exzessive Alkoholkonsum in der Szene. Diese Ambivalenz führte zu weiteren Missverständnissen und Diskussionen innerhalb der deutschen Punkszene.
Das Ende und die Nachwirkung
Nach Auftritten mit Bands wie den Dead Kennedys, UK Subs und Fehlfarben löste sich Cotzbrocken 1982 auf. Der musikalische Erfolg blieb der Band weitgehend verwehrt, doch ihre Nachwirkung in der deutschen Punkszene war enorm. Ihre ungeschliffene, fast dilettantische Musik und ihre provokativen Texte inspirierten eine ganze Generation von Punks, die nach authentischen Ausdrucksformen suchten. Cotzbrocken verkörperte die rohe Energie und den anarchischen Geist des frühen deutschen Punks wie kaum eine andere Band.
Auch nach ihrem Ende blieben die Meinungen über Cotzbrocken gespalten. Für einige waren sie Helden der Szene, ein Symbol für den Kampf gegen das Establishment und die Rebellion der Jugend. Andere sahen in ihnen eine Gruppe von Provokateuren, die zu weit gegangen waren und die politische und soziale Verantwortung ihrer Kunst ignorierten.
Fazit
Cotzbrocken war eine Band, die in der frühen deutschen Punkszene eine einzigartige Rolle spielte. Ihre Musik und ihre Haltung spiegelten die Unzufriedenheit und die Rebellion der Jugend in Nordrhein-Westfalen zu Beginn der 80er Jahre wider. Obwohl sie sich 1982 auflöste, blieb ihre Wirkung auf die Punkszene spürbar. Cotzbrocken ist bis heute ein Beispiel für die Radikalität, die Provokation und die künstlerische Freiheit, die die junge deutsche Punkbewegung ausmachten.
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